Was man wissen sollte, bevor man Kinder bekommt



Man wird zum Vorbild, schlechtes oder gutes, Vorbild jedenfalls.
Es bedarf an Gelassenheit, innerer Stärke, Geduld, und man muss mit wenig Schlaf auskommen oder damit, dass der Partner viel zu wenig Schlaf bekommt, was manchmal auch bedeutet, dass man kurzzeitig zweifelt, ob man den Menschen an seiner Seite auch wirklich richtig gekannt hat vorher.
Die eigenen Eltern verwandeln sich. Ihre Stimmen, wenn sie mit den Kleinen sprechen, kaum erträglich die veränderte, weil zu hohe Tonlage, der helle Klang. Die gewählte Sprache ein Sammelsurium an Lauten, im Grunde ein komisches Ausdrücke-Repertoire, stünde man nicht selbst hilflos daneben mit der Frage im Kopf: Wird das Kind so je richtig sprechen lernen? Und wenn der eigene Vater kinderwagenschiebend durch die Stadt spaziert, mit einem Gebaren, wie er früher den neuen Wagen präsentiert hat, ist man sich kurzzeitig nicht sicher, ob das noch derselbe, auf Männlichkeitsgehabe wertlegende Mann ist, der einem einst den Hintern versohlt hat.
Man muss anfangen zu planen und vorauszudenken, sich zwangsläufig Gedanken zu machen über eine Zeit, von der man bis vor kurzem noch gedacht hat, man wäre eine Ewigkeit davon entfernt.
Es kostet. Je größer die Kinder, desto höher die Kosten, obwohl die Kinder immer weniger zu Hause sind. Das ist dann, als bezahle man irgendwie dafür, dass sie wegbleiben.
Das Älterwerden. Es geht schneller als sonst. Und wer es nicht selbst merkt, dem wird es gesagt. Von den eigenen Kindern. Wenn sie alte Fotoalben durchblättern und sagen, ihr ward ja richtig jung damals. Und hübsch auch. Dann fragt man sich, ob man sich das verdient hat, ob das jetzt wirklich hat sein müssen. Das alles.
Kinder machen verletzlich. Das ist neu, und es verunsichert. Weil man sich Sorgen macht, weil plötzlich jemand da ist, der auf einen angewiesen ist, jemand, der Teil von einem ist, den man beschützen will. Dadurch wird man angreifbar.
Das Gefühl, nicht umsonst dagewesen zu sein. Wenn die Kleinen abends zu Bett gehen und nach dem gefühlt tausendsten Ruf schließlich zur Ruhe kommen, wenn man sie dann daliegen sieht, engelsgleich schön, zart, unbeholfen und unschuldig, dann gibt es den einen Moment, in dem die Müdigkeit, die Zweifel, die Sorgen verfliegen. Jeder Versuch, etwas Bleibendes zu hinterlassen, wirkt in diesem Augenblick wie ein Nebenschauplatz angesichts dessen, was man durch ein Kind der Welt hinterlässt. Und wie man selbst die Welt hinterlässt, ist nichts weniger als der Boden, auf dem unsere Kinder gedeihen, das Fundament, die Basis.
Verantwortung. Schmerz. Nähe. Trennung. Liebe. Wohl selten wird man mehr über sich selbst lernen. Wenn man es auch zulässt.

Kommentare